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E-Züge im Bayerwald?

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern im Auftrag des Freistaats plant, finanziert und kontrolliert, hat heute ein Gutachten der TU Dresden veröffentlicht, das im Auftrag des Freistaats perspektivisch den Einsatz von Akku-Hybridfahrzeugen im Bayerischen Wald geprüft hat. Derzeit fahren hier Dieselzüge. Die Quintessenz der Untersuchung lautet, dass ein solcher Umstieg zwar machbar ist, jedoch erhebliche Infrastrukturinvestitionen und einen Zeitvorlauf von mindestens zehn Jahren benötigt.

Akku-Hybridfahrzeuge sind Züge mit elektrischem Antrieb, die von einer Oberleitung Strom beziehen und damit Akkus aufladen, mit denen sie anschließend auch auf nichtelektrifizierten Strecken fahren können. Das Gutachten untersuchte das Netz Bayerwald mit der Hauptlinie von Plattling über Deggendorf und Zwiesel nach Bayerisch Eisenstein und optionaler Verlängerung ins tschechische Klatovy (RB 35) sowie sämtliche Linien, die davon abzweigen: Zwiesel – Grafenau (RB 36) und Zwiesel – Bodenmais (RB 37). Der Freistaat beabsichtigt, bei der nächsten Vergabe dieser Linien nur noch Neufahrzeuge zuzulassen, deren Betrieb CO2-neutral ist. Diese neuen Fahrzeuge sollen voraussichtlich ab Ende 2034 zum Einsatz kommen, wenn der bis dahin gültige Verkehrsvertrag mit der Länderbahn ausläuft. Vorsorglich wurde auch die Linie Gotteszell – Viechtach (RB 38) mitbetrachtet, auf der aktuell ein Probebetrieb läuft.

„Wir wollen bis spätestens 2040 den gesamten Regionalverkehr in Bayern emissionsfrei fahren – auch im Bayerwald. Nachdem die Strecken dort mittelfristig sicher nicht komplett elektrifiziert werden können, schauen wir uns rechtzeitig nach Alternativen um“, sagte Bayerns Verkehrsminister und BEG-Aufsichtsratsvorsitzender Christian Bernreiter. „Die Ergebnisse der Studie sind eine erste wichtige Entscheidungsgrundlage. Sie sind ehrlich gesagt aber auch etwas ernüchternd hinsichtlich des Zeit- und Kostenaufwands. Daher wollen wir noch weitere Möglichkeiten detailliert untersuchen.“ „Bereits heute ist der Zugverkehr dem Auto in puncto Klimaschutz haushoch überlegen. Dennoch möchten wir diesen Vorteil weiter ausbauen und den Regionalverkehr komplett klimaneutral machen“, sagte Thomas Prechtl, Sprecher der Geschäftsführung der BEG. „Welche Antriebstechnik am besten geeignet ist, hängt maßgeblich von der Schieneninfrastruktur ab, eine Patentlösung für ganz Bayern gibt es nicht. Deshalb schauen wir uns jede einzelne Strecke ganz genau an.“

Die Gutachter kommen zum Ergebnis, dass die Umstellung auf Akku-Hybridfahrzeuge im Netz Bayerwald technisch möglich ist. Allerdings sind dafür umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen erforderlich, deren Kosten aktuell auf mindestens 32 Millionen Euro beziffert werden. Darin nicht enthalten sind jene Streckeninvestitionen, die notwendig sind, um die zulässige Achslast zu erhöhen. Ohne diese Investitionen sind perspektivisch keine neuen, schwereren Neufahrzeuge möglich – unabhängig von der jeweiligen Antriebsart.

Hauptgrund für die hohen Kosten im Gutachten sind sogenannte Oberleitungsinseln. Das sind kurze Streckenabschnitte, die mit einer Oberleitung ausgestattet werden müssen, um den Zügen das Aufladen der Akkus zu ermöglichen. Aktuell ist der Bahnhof Plattling die einzige Stelle im Netz Bayerwald, an der bereits eine Oberleitung existiert. Laut den Gutachtern müssten für einen flächendeckenden Akkubetrieb im Bayerischen Wald zusätzlich folgende Oberleitungsinseln gebaut werden: in den Bahnhöfen Viechtach und Grafenau sowie auf einem rund zehn Kilometer langen Streckenabschnitt von Bettmannsäge über Zwiesel bis Ludwigsthal. Für die Oberleitungsinseln wären zeitaufwendige Planfeststellungsverfahren erforderlich. Deshalb rechnen die Gutachter auch damit, dass die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen frühestens bis Ende 2034 realisierbar wären.

Die BEG wird noch einen zweiten Teil des Gutachtens für das Netz Bayerwald bei der TU Dresden in Auftrag geben. Es soll zum einen den alternativen Einsatz von Wasserstoff-Fahrzeugen im Bayerischen Wald untersuchen. Zum anderen soll es die Ergebnisse zu Akku-Hybridfahrzeugen auf den neuesten Stand bringen. Von tschechischer Seite wird nämlich die Elektrifizierung des Streckenabschnitts von Klatovy bis zur Grenze geprüft. Dies könnte den Aufwand für die auf deutscher Seite notwendigen Oberleitungsinseln verringern, da es dann mit dem Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein eine weitere Station mit Oberleitung im Netz Bayerwald geben würde. Zudem ließe sich eine umsteigefreie Verbindung von Plattling bis Klatovy möglicherweise leichter realisieren. Die Ergebnisse des erweiterten Gutachtens werden im Laufe des Jahres erwartet. Auf dieser Basis wird der Freistaat dann über die künftige Antriebstechnik der Regionalzüge im Bayerischen Wald entscheiden.

Parallel zum zweiten Teil des Gutachtens versucht das Bayerische Verkehrsministerium in Verhandlungen mit der DB Netz AG eine Lösung zu finden, wie das zulässige Höchstgewicht von Zügen auf den Strecken im Bayerischen Wald erhöht werden kann. Damit dort ab Mitte der 2030er-Jahre überhaupt Neufahrzeuge fahren können, müssen die Strecken zuvor ertüchtigt werden, da die derzeit erlaubte Achslast nur von älteren Gebrauchtfahrzeugen unterschritten wird.

Der erste Teil des Gutachtens steht hier zum Download zur Verfügung:

https://beg.bahnland-bayern.de/files/media/corporate-portal/imports/presse/pressemitteilungen/2023/2022-12-19-beg-bayerwald-bericht.pdf  


Der aktuelle Betreiber des Liniennetzes Bayerwald ist die Länderbahn, deren Züge dort unter dem Markennamen Waldbahn fahren. Triebzüge in Teisnach auf der Linie Gotteszell – Viechtach. © Die Länderbahn DLB / Klaus-Dieter Neumann


Die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH (BEG)

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft ist ein Unternehmen des Freistaats Bayern. Im Auftrag des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr plant, finanziert und kontrolliert die BEG den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern. Zu den wesentlichen Aufgaben der BEG gehören dabei die Konzeption und Verbesserung von Fahrplänen sowie die Qualitätssicherung. Die Aufträge für Verkehrsleistungen werden in Wettbewerbsverfahren vergeben. Den Zuschlag erhält jeweils das Verkehrsunternehmen, welches das insgesamt wirtschaftlichste, also das qualitativ und preislich beste Angebot abgibt. Als Folge des Wettbewerbs zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen konnte die BEG in den letzten Jahren nicht nur das Fahrplanangebot, sondern auch Qualitätsmerkmale wie Komfort und Fahrgastinformation ständig verbessern. Große Erfolge waren unter anderem die Einführung des Bayern-Takts – ein Stundentakt für fast ganz Bayern – sowie des Bayern-Tickets.

Link zur Netzseite der BEG:   https://beg.bahnland-bayern.de/de/


So!


„Digitalisierung im Freistaat“

Eine neue deutschlandweit einmalige Funktion in Fahrplan-Apps soll die Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs in Bayern steigern: Wer in Bayern in einen Regionalzug umsteigen will, kann ab sofort per App melden, dass der Anschlusszug am Umsteigebahnhof nach Möglichkeit warten soll. Rund zehn Minuten vor dem Umstieg erhalten die Fahrgäste per Push-Nachricht eine Rückmeldung, ob es gelungen ist, den Anschluss zu sichern. Falls nicht, kann man sich über die App eine alternative Verbindung vorschlagen lassen. Bislang mussten Fahrgäste ihren Anschlusswunsch persönlich bei den Zugbegleitern melden. Nun können Fahrgäste, die in Fern- oder Regionalzügen in Bayern unterwegs sind, ihre Meldung per App selbst erledigen – auch bereits kurz vor Fahrtantritt.

Derzeit steht die Funktion in der Bayern-Fahrplan-App und der Streckenagent-App zur Verfügung, direkt in der Verbindungsauskunft. Weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen können die Funktion ebenfalls in ihre Fahrplan-Apps übernehmen. „Dass Fahrgäste ihren Anschlusswunsch selbst per App melden können, ist ein weiterer Schritt bei der Digitalisierung des Nahverkehrs im Freistaat und zahlt auf unsere ÖPNV-Strategie 2030 ein", sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter. „Die Funktion erhöht den Komfort für die Fahrgäste und macht die Reisekette zuverlässiger. Damit sind wir Vorreiter in Deutschland und darüber hinaus.“

Der Zug von Klosterlechfeld nach Kaufering hat fünf Minuten Verspätung, so dass der Anschluss in Kaufering knapp verpasst würde. Per Klick in der App wird der Anschlusswunsch gemeldet (links). Die App zeigt vor Ankunft in Kaufering das Ergebnis an (rechts): Der Zug Richtung München wartet in Kaufering vier Minuten auf Anschlussreisende.   (Zum Vergrößern Bild anklicken)

Die Software für die Anschlussmeldung per App hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) finanziert, die im Auftrag des Freistaats den Regional- und S-Bahn Verkehr in Bayern plant, finanziert und kontrolliert. Am Anfang stand eine gemeinsame Idee von BEG und DB Regio. Beide Unternehmen haben den neuen Service unter Beteiligung weiterer bayerischer Eisenbahnunternehmen entwickelt und im Realbetrieb getestet. „Die Anschlusszüge zu erreichen ist eines der wichtigsten Kriterien für die Zufriedenheit unserer Fahrgäste, das wissen wir aus der Marktforschung und Kundenbefragungen. Wir freuen uns sehr, dass wir gemeinsam mit der BEG unseren Fahrgästen nun dieses innovative neue Serviceangebot anbieten können“, so Patrick Pönisch, Geschäftsleiter Marketing DB Regio Bayern.

Am Umsteigebahnhof warten können bisher Regionalzüge; in den kommenden Jahren könnten insbesondere Regionalbusse folgen. Lediglich für Züge der Bayerischen Regiobahn (BRB) in den Netzen Chiemgau-Inntal und Oberland kann der Anschlusswunsch derzeit noch nicht per Klick gemeldet werden. Dort erfolgt demnächst noch die Integration in das neue System.

Heute sind im Hintergrund noch mehrere mündliche Abstimmungsgespräche zwischen verschiedenen Stellen nötig, um einen Anschluss zu sichern. Das wird nun weitgehend automatisiert und geht deshalb wesentlich schneller. Die Fahrgäste haben bis 15 Minuten vor der regulären Ankunft des Zuges im Umsteigebahnhof die Möglichkeit, ihren Anschlusswunsch per App zu melden. „Ein weiteres Problem gehört damit der Vergangenheit an: Wenn kein Zugbegleiter in der Nähe war, hatten Fahrgäste bislang überhaupt keine Möglichkeit, einen Anschlusswunsch zu melden“, so Bernreiter.

Die Meldung des Anschlusswunsches bietet allerdings keine Garantie, dass der Anschlusszug in jedem Fall wartet. „Mehr als fünf Minuten Wartezeit sind in der Regel für den Anschlusszug nicht machbar“, erklärt Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der BEG. „In jedem einzelnen Fall ist eine Abwägung zwischen Anschlusssicherung und Pünktlichkeit notwendig.“ Denn auch der wartende Zug soll die Fahrgäste schließlich pünktlich ans Ziel oder zu weiteren Anschlusszügen und -bussen bringen. Auch gibt es technische Gründe, weshalb Züge nicht immer warten können: Beispielsweise kann es sein, dass das Gleis im Bahnhof für einen nachfolgenden Zug freigegeben werden muss und deshalb kein Zeitpuffer vorhanden ist. Auch eingleisige Streckenabschnitte ohne Begegnungsmöglichkeiten für die Züge schränken die Wartezeit ein. Die BEG erwartet durch die neue App-Funktion dennoch merkliche Verbesserungen für die Fahrgäste: Etwa die Hälfte aller nicht erreichten Anschlüsse in Bayern kommen dadurch zustande, dass sich die Züge um maximal fünf Minuten verpassen. „Wir erwarten, dass sich die breite Nutzung der Funktion auf die Zuverlässigkeit im Bahnland Bayern positiv auswirkt“, sagt Bärbel Fuchs. „Denn auch Fahrgäste, die ihren Anschlusswunsch nicht melden, profitieren von der Meldung anderer Fahrgäste.“

Es ist nicht vorgesehen, dass die Anschlusssicherung flächendeckend automatisch angestoßen wird, sobald ein Zug an einem Umsteigebahnhof Verspätung hat. Voraussetzung dafür ist auch weiterhin der ausdrückliche Wunsch von Fahrgästen. Der Grund: Die Anschlusssicherung greift in den Bahnbetrieb ein und führt zu Verspätungen der wartenden Züge. Das ist nicht sinnvoll, wenn es überhaupt keine Anschlussreisenden gibt. Ausnahmen sind stark frequentierte Verbindungen, bei denen die Erfahrung zeigt, dass es praktisch immer Anschlussreisende gibt. Bei diesen Anschlussverbindungen stößt das System künftig selbständig eine Warteprüfung an.

Das System zur Anmeldung von Anschlusswünschen soll in den folgenden Jahren weiter ausgebaut werden. Geplant ist insbesondere die Einbindung von Regionalbussen, damit auch die Zuverlässigkeit von Bahn-Bus-Reiseketten steigt. Die BEG stellt den Service auf Wunsch auch Aufgabenträgern und Eisenbahnverkehrsunternehmen außerhalb Bayerns zur Verfügung. Mehr Informationen (zum Beispiel zum Geltungsbereich in S-Bahn-Systemen) und ein Video zur Meldung eines Anschlusswunschs finden sich unter  https://bahnland-bayern.de/de/anschluss  .


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SCHIENEonline! wird auch hier mit weiteren Beiträgen fortgesetzt. Vielen Dank für Ihr Interesse!