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Historische Moderne
Von Joachim Seyferth
Wer glaubt, die „Neue Bahn“ sei zeitlos und ewig, kann sich gewaltig irren. In fluiden Zeiten wie diesen kann auch die Moderne ganz schnell zur Historie werden – die alle naselang wechselnden Betriebsprogramme digitaler Hardware sind nur ein Beispiel abseits des Genres Eisenbahn. Bei letzterer schien am Beginn der Jahrtausendwende im Großraum Mainz ein Qualitätssprung im Nahverkehr stattzufinden – starke neue Drehstromlokomotiven mit geräumigen Doppelstockwagen-Garnituren hielten auf der Achse Mannheim – Mainz – Koblenz Einzug. Zuerst mit zwei Güterzug-Maschinen der Baureihe 145 mit einem sogenannten „Nahverkehrspaket“, ab Mitte 2001 dann mit sieben Loks der Reihe 146.0, die bei DB Regio in Ludwigshafen stationiert wurden. Doch bereits im März 2006 wurden 146 001-007 nach Dortmund abgegeben und südlich von Mainz kam fortan die Triebzug-Baureihe 425 zum Einsatz – gefühlt ein Rückschritt. Ein kurzes Gastspiel in der Moderne war beendet, lokbespannter Nahverkehr mit Panorama-Ausblick auch hier Historie.
Zeitgleich war bis Ende 2003 der Bahnhof Mainz Hbf für rund rund 58 Millionen Euro in fünfjähriger Bauzeit aufwändig umgebaut worden. Dabei wurde die große gusseiserne Bahnhofshalle von 1939 komplett abgerissen und durch eine Überbauung aus Stahlbeton ersetzt, deren Dach mit Rundungen architektonisch an die früheren Bahnsteighallen erinnern soll. Allerdings erinnert der Bahnsteigbereich unter dieser Überbauung mitunter an eine Katakombe (mittelalterliche unterirdische Begräbnisstätte mit oft weitverzweigten Stockwerken), weil die nunmehr künstliche und eher spärliche Beleuchtung bei weitem nicht den hellen und luftigen Eindruck der einstigen lichtdurchfluteten und hohen Bahnhofshalle erreicht. Verstärkt wird dieses „bedrückende Empfinden“ durch den nun vergleichsweise niedrigen Deckenbereich, durch enge Schachtelbebauung diverser Einrichtungsgegenstände und Anlagen auf den Bahnsteigen sowie durch die grundsätzliche Impression von Betonarchitektur. Ein Zweckbau ohne Seele, näher an einem Fluchtpunkt als an einem Ort des Verweilens.
Eingerahmt von zwei farbigen Detailaufnahmen dieser kurzen „146er-Regio-Doppelstock-Epoche“ vermitteln die acht Schwarzweiß-Photographien dieser Bildstrecke einerseits einen Eindruck von der kühlen und düsteren Tristesse unter dieser neuen Überbauung im Mainzer Hauptbahnhof, andererseits künden sie auch vom Bahnsteigleben links und rechts der abweisenden Bahnhofsmitte – inklusive benachbartem Vergnügen mit einem Riesenrad zur Adventszeit. Und während verkehrsrote Fahrzeuge bei Tageslicht mit der Schwarzweiß-Fotografie auf Kriegsfuß stehen, weil das visuelle Ergebnis jener Loks und Wagen nur ein undefinierbarer und überhaupt nicht adäquater Grauton ist, sieht das bei Aufnahmen zu dunklen Tageszeiten schon ganz anders aus, weil des Nachts eben alle Katzen grau sind . . .
Renaissance der Länderbahnen: Rheinland-Pfalz-Wappen an 145 018 (14. Juli 1999)
145 018 und 019 waren die Ersten: Werbelok mit eingebautem "Nahverkehrspaket" (15. Mai 2000)
Dosto-Pendel zwischen Rhein und Neckar (146 002 mit RB 18069, 3. Februar 2004)
Eher Fluchtpunkt als Verweilort (146 001 mit RB 18065, 5. Februar 2004)
Kühles Bahnsteigmobiliar in der Katakombe (146 007 mit RB 18063, 11. Januar 2005)
Im Käfig von „Station & Service“ (146 002 mit RB 18071, 11. Januar 2005)
Zweifache Einladung zum Fahrvergnügen (146 005 mit RB 29675, 9. Dezember 2003)
Leseabend unter neuen Dächern (146 001 mit RB 18067, 18. Februar 2004)
Drei Geschäftsbereiche im Kunstlicht (146 007 mit RB 18069, 5. Februar 2004)
Schlussleuchte mit Drehstrom-Fase (146 006 mit RB 18039, 2. August 2004)
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SCHIENEonline! wird auch hier mit weiteren Beiträgen fortgesetzt. Vielen Dank für Ihr Interesse!